Abasobaba!

Auf mehrfache Anfragen hin einen Blogeintrag für Tavish und Talia zu schreiben schreibe ich nun, wer hätte es gedacht…einen Blogeintrag für Tavish und Talia. Immer mit einem Auge zum Ofen, denn da brutzelt gerade meine Kartoffelpizza. Im Grunde ist es einfach ein Kartoffelauflauf mit Schinken und Paprika, aber da die Kartoffeln unten liegen und oben drüber Käse kommt, meint mein Mitbewohner Björn es sei eine Kartoffelpizza. Jetzt könnte ich natürlich erwidern, dass da ja keine Tomatensoße drauf ist, sondern einfach Brühe und das diese sogenannte “Pizza“ auch garnicht rund ist sondern rechteckig. Dies würde dann aber mit großer Wahrscheinlichkeit in eine Grundsatzdiskussion ausarten oder zumindest so ähnlich ausgehen wie eine Konversation zwischen mir und dem Hausmeister:
„Sie sind doch der Hausmeister?!“ frage ich.
„Nein.“, sagt er, „Ich bin der facility manager.“
„Also sind sie doch der Hausmeister.“
„ Nein, ich bin der facility manager.“
„Schön, können sie vielleicht trotzdem unsere Klospülung reparieren? Ich habe auch noch Kartoffelauflauf übrig, wenn sie wollen.“
„Was haben sie übrig?“
„Kartoffelauflauf.“
„Hä?“
„……..Kartoffelpizza?“
„Mmmhhh. Das klingt gut. Ich komme gleich zu ihnen rauf.“

Mir wärs ja im Grunde egal, aber Björn meint das heißt jetzt Kartoffelpizza, weil wir leben ja in Köln und da ist Kartoffelauflauf out und Kartoffelpizza ist hip. Na bitte.

Was meint wohl die Kartoffel selbst dazu? Ich schaue zum Ofen. Eine der Kartoffelscheibchen, die mit der schwarzen RayBan Brille, mobilisiert noch ein letztes Mal all ihre Kräfte und zeigt mir den erhobenen Stinkefinger, bevor sie elendiglich in der heißen Brühe verreckt. Siehste, denk ich, die hatte im 200° heißen Blubberbad bestimmt auch andere Sorgen, als sich darüber aufzuregen, dass gleich einer in sie reinstechen wird, in dem Glauben er esse bloß einen unhippen Kartoffelauflauf. Aber es wäre auch egal denn jetzt ist sie ja tot.

Doch nun zu meinem eigentlichen Vorhaben, dem Blogeintrag! Darin geht es nicht um brillentragende Kartoffeln, vielmehr geht es um Mehl. Und da Mehl aus Weizen besteht und nicht aus Kartoffeln ist mir auch keine galante Überleitung eingefallen. Ich nenne meinen Eintrag:

Abasobaba!

Und wer jetzt in einem rechthaberischen Anfall von Besserwisserei meint, es gäbe jawohl Mehl aus Kartoffeln und das nenne man dann Kartoffelmehl, danke Björn, der sei bald eines Besseren belehrt. Denn an dem, von Sebi schon so wunderbar beschriebenen Drehtag, sollte das Mehl keineswegs dazu dienen Kartoffelklöße zu formen und hungrige, von der wohl durchdachten Erstürmung der Burgruine, erschöpfte Mäuler ökonomisch sinnvoll, das heißt möglichst billig, zu stopfen.
Nein, das Weizenmehl wurde, seiner ursprünglichen Funktion als Backzutat in höchstem Maße widersprechend, als Requisit eingesetzt ………………..Wer hat da Schnee gerufen? Leute, ich bitte euch. Das war zwar keine Hollywood Produktion und wir mussten an allen Ecken und Enden sparen, aber bevor wir auf einer Fläche von 500m² hätten Weizenmehl verteilen müssen, um frisch gefallenen Schnee vorzutäuschen, (das hätten wir auch erstmal finden müssen: Mühlengold Qualitätsmehl Type 405, auch als Schneeimitat geeignet.), da hätte die Lisa bestimmt auf echten Schnee gewar…….also die Lisa hätte nie von uns verlangt, dass wir……………….ok, ich denke wir hätten wahrscheinlich vorher auch den Boden trocken föhnen müssen, damit das verteilte Schneeimitat nicht in wenigen Minuten zu Mehlschwitze gequollen wär. Wahrscheinlich hätte das nicht geklappt und die Lisa hätte dann gesagt: „Das macht der Til.“ Und der Til hätte dann gesagt: „Ach manno.“
Aber dann hätte er gesagt: „Ok, krieg ich hin.“ Der Til kann das nämlich mit Computern und so.
Im Sommer hätte uns dann der Förster und Burgruinenverwalter, entschuldigung, der forest and castle ruin manager wahrscheinlich mit Sensen hochgeschickt um den gewucherten Weizen abzuernten. Ja Björn, ich weiß, dass aus Mehl kein Weizen werden kann, es ging hier nur ums Bild. Das sollte witzig sein.
Aber wir hatten Glück, denn “a sibling`s tale“ spielt ja im Herbst. Also so im Spätsommer – Frühherbst, also gerade wenn der Herbst so anfängt, aber halt noch mit Sonne, manchmal. Jedenfalls brauchten wir keinen Schnee. Wir brauchten Staub! Und da ich bei Tavish und Talia die Requisiteurin war, habe ich das Mehl nicht mitgebracht. Das hat die Lisa gemacht.
Einige Wochen vorher klingelte nämlich bei mir das Telefon. Das war die Lisa.
„Toni, wir brauchen Krüge!“
„Hab ich!“
„Und wir brauchen auch Körbe!“
„Bring ich mit!“
„Und wir brauchen Tarnnetze, wir müssen nämlich einen Wald verschwinden lassen.“
„Kein Problem!“
„Und in der dritten Szene soll ein Elefant durchs Bild laufen.“
„Den kriegt ihr!“
„Aber es muss ein indischer Elefant sein!“
„Auch das!“
„ Und dann brauchen wir noch einen Eimer Staub!“
„………………………………………mmmmhhhhh…………………………………..! ( Da wo nur Punkte sind habe ich nichts gesagt. Mir gingen nur Bilder durch den Kopf. Schreckliche Bilder. Ich sah mich als Ratte mit nichts als einem kleinen Rucksack bekleidet im Müll von anderen Leuten nach Staub wühlen. Ich sah mich wochenlang emsig unsere Wohnung putzen, die Lappen auswringen, das Wasser filtern, den Dreck auf Backblechen trocknen lassen und dann das Getrocknete kleinraspeln…).
„ Kann das nicht der Til machen?“ frage ich.
„Der hat “Ach manno!“ gesagt.“
„Und?“
„Und dann meinte er, er kriege das nicht hin.“
„……………………………………….! (Da wo die Punkte sind habe ich wieder nichts gesagt. Da habe ich gedacht: In nur 2 Wochen wird aus einem Küken eine schlachtreife Masthenne, Touristen buchen nicht mehr eine Woche Mallorca, sondern eine Woche auf dem Mond, Til kann mit dem Computer Menschen verschwinden lassen……..….….ich führe das jetzt nicht zuende!)

Lisa hatte die rettende Idee, Mehl statt Staub zu verwenden, denn Mehl ist ja auch staubig. Ich hatte zwar mal gehört das in die Luft geworfenes Mehl explodieren kann, aber dann sah ich mich wieder mit einer Reibe und einem getrockneten Stück Dreck in der Küche stehen und dachte, eine Tüte Mehl beim Aldi zu kaufen wäre wohl doch die bessere Lösung.
So kam es also dazu, dass an diesem leicht windigen, doch schönen Herbsttag, zwei Mädchen, später auch bekannt als “Das Mehl“ ihre zarten Körper, zwischen Brennesselbüschen hockend, an die kalte Steinwand nebst einem Torbogen pressten. Wohl bedacht ihre Glieder nicht zu weit auszustrecken um nicht den Zorn des erhöht stehenden, ja man möchte fast sagen herabschauenden, Kamerateams zu erwecken, da kurz zuvor eine Diskussion darüber entbrannt war ob man denn einen unschuldigen, jungen Baum ausreißen sollte, der sich erdreistete ins Bild hineinzuragen. Diese Mädchen waren Daniela und ich und jede von uns hatte eine Hand voll Staub….äähhh….Mehl. Es war vorgesehen, dass Tavish und Talia panisch durch den Torbogen gerannt kommen und gleich eine ganze Staubwolke mitnehmen würden. Ich denke im Nachhinein, die Staubeinlage gab der ganzen Szene die gewisse Würze, ja ich möchte sogar so weit gehen zu behaupten, dass ohne den umherwirbelnden Staub die ganze Dramatik des Films garnicht zum Tragen gekommen wäre. Stets im Bewusstsein der uns übertragenen Verantwortung scheuten Daniela und ich daher auch nicht den kleinsten Schritt auf dem Weg der Selbstaufopferung. Und als Tavish und Talia getrieben vom Fluchtgedanken nun durch das Tor stürmten, warfen, nein, hauchten wir mit elfengleichen Bewegungen das Mehl zu ihren Füßen, auf dass es sie sanft und zugleich wild umspiele wie ein junges Füllen seine Mutter………..

„Und Danke! ……Also das Mehl war Scheiße. Zu wenig Mehl!“

Nun, ich gebe zu, vor lauter Erregung war wohl meine Hand ein wenig nass geworden und das geworfene Mehl hüpfte nicht herum wie ein Fohlen sondern es plumpste vielmehr herunter in den Matsch wie eine abgeschossene Ringeltaube.
„Versucht doch mal das Mehl zu pusten. Wir brauchen mehr Mehl!“
Gesagt, getan. Und so pusteten wir beim zweiten Take aus ganzer Kraft, so dass wir fast auch unseren Lebensatem mit ausstießen, gefühlt meine ich. Als ich siegessicher aus den Brennesselbüschen herausgekrakselt kam und freudig strahlend fragte: „Wie wars?“ schlug mir eine Wand aus Gelächter entgegen. Ich will es so formulieren, meine Transformation zum Ruinenmuffin war nahezu abgeschlossen oder anders gesagt: Scheiße! Ich war voll mit Mehl!

Überall Mehl!

Nicht nur der schwarze Mantel, nein auch mein Gesicht hatte eine gewaltige Ladung abbekommen und so lugten bloß noch zwei kleine Knopfaugen rosinengleich aus meinem Muffingesicht. Denn außer uns hatte auch etwas anderes gepustet….der Gegenwind.
Und während der Thorsten gleich angerannt kam, an einem Taschentuch schleckte und mir damit im Ohr popelte, schallte es auch schon wieder: „Mehr Mehl! Wir brauchen mehr Mehl!“

Was krabbelt da an der Mauer entlang?

Doch Thorstens, Danielas und meine Aufmerksamkeit galt plötzlich etwas ganz anderem. Aus einem Spalt in der Steinmauer lugte nämlich eine vorwitzige kleine Maus, welche wohl auch ihre Nase in den Gegenwind gehalten hatte und nun nicht widerstehen konnte noch mehr von der weißen Köstlichkeit zu inhalieren, die durch Schicksals Hand direkt vor ihre Haustür geweht worden war. Während auf der anderen Seite des Torbogens eine Lösung für das Mehlproblem beratschlagt wurde, starrten wir gebannt auf die Maus. Die war ja sooo süß und die hatte soooo süße Beinchen mit soooooo süßen Einstichlöchern und oohhhhhh, wie süß sie an dem Mehl geschleckt hat….Der gute Thorsten hatte das “kleine Problem“ der armen Maus, die ganz alleine in der verwilderten Burgruine lebte, auch gleich erkannt: „Immer nur Gras, das hält ja keiner aus!“ Und schüttete noch mehr Mehl dazu…und schüttete…..und schüttete……und wir Mädchen waren von so viel männlicher Güte aus der Tüte ganz angetan und es kamen die Schauspieler und dann der Tonmann und dann die Regisseurin um zu sehen das Wunder der Nächstenliebe und dann kam endlich einer zur Besinnung und rief: „Weniger Mehl!“ Denn Thorsten hatte schon bald eine halbe Tüte über die Maus gekippt.

Die Maus

Die Maus

Gottseidank blieb noch genug übrig um weitere Mehlpusteversuche zu starten, denn nach und nach mussten wir nun aus einer toten Ringeltaube ein Fohlen züchten, am besten auch noch eines, was Flügel hat. Während ich merkte, wie langsam die Sauerstoffsättigung meines Gehirns gegen Null tendierte, dagegen der Mehlstaubgehalt in meiner Lunge bald sein Maximum erreicht haben musste, wurde endlich ein Reflektor zum Wedeln eingesetzt. Das heißt einer pustete und einer wedelte. So zauberten wir unter anerkennenden Aaaaahhhhhhhs und auch einigen Ooooohhhhhhs die schönste (mittlerweile patentierte) Mehlstaubwolke, die der deutsche Kurzfilm je gesehen hat. Doch das habe ich leider nicht mehr mitbekommen. Ich flog nämlich derweil schon selig auf einem geflügelten Pferd im Kreis um die Burg herum und hinter mir saß eine kleine Maus mit einer weißen Nase die immerzu rief:„Mehr Mehl! Mehr Mehl!“
Und wer immernoch nicht weiß warum mein Blogeintrag den Name “Abasobaba!“ trägt, der schaue sich einmal folgenden Link auf Youtube an. Viel Spaß:D

http://youtu.be/7o93kGDMhng

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3 Antworten auf Abasobaba!

  1. Lisa sagt:

    Haha, sehr cooler Bericht. am Anfang wusste ich noch nicht, wo er hinführen soll, aber dann kam ich aus dem Lachen nicht mehr raus. xD
    Der Tag auf der Löwenburg scheint der beliebteste Tag für Anekdoten zu sein. Sebi hat ja auch schon einen sehr schönen Eintrag dazu geschrieben. :D

  2. Thorsten sagt:

    Wenn ich diesen Bericht so lese, und mich vor allem auch an das Verhalten der Maus erinnere, bin ich mir nicht sicher ob dieses weisse Pulver mit dem ihr da um Euch geschmissen habt auch wirklich Mehl war… :-)

  3. Lisa sagt:

    Ich hab ein Foto der Maus gefunden und eingefügt! :D Wirklich ein putziges Kerlchen.

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